Die WM 1990 in Italien wurde Franz Beckenbauers größter Triumph als Teamchef: Mit Disziplin, Teamgeist und seiner unvergleichlichen Aura führte er Deutschland erneut zum WM-Titel.
Nach einer äußerst knappen Qualifikation lief der Start ins Turnier hervorragend. Es wurde klar: Mit dieser Mannschaft war zu rechnen. Im Eröffnungsspiel fegte Deutschland den damaligen Mitfavoriten Jugoslawien mit 4:1 vom Platz: Ein Auftritt voller Spielfreude, Effizienz und Selbstbewusstsein. Spieler wie Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann trugen die Mannschaft auf ihren Schultern, doch im Hintergrund war es Franz, der den Ton vorgab. Er ließ den Spielern Freiräume, vertraute ihnen, war gleichzeitig aber kompromisslos in seinen Ansprüchen. „Die Mannschaft stand voll hinter ihm. Er war ein absoluter Stratege und wusste immer, wie er uns anzupacken hatte“, sagte Lothar Matthäus später über die Führung von Franz.
Die Vorrunde überstand die DFB-Elf souverän, doch im Viertel- und Halbfinale musste sie kämpfen. Im Halbfinale gegen England in Turin erreichte das Turnier seinen dramatischen Höhepunkt. Nach 120 nervenaufreibenden Minuten stand es 1:1, und das Elfmeterschießen musste entscheiden. Während die Spieler zitterten, stand Beckenbauer fast regungslos am Spielfeldrand, die Hände in den Taschen, scheinbar unerschütterlich. Dieses Bild ging um die Welt: Der „Kaiser“ als Fels in der Brandung, der seine Spieler mit seiner Ruhe stärkte. Als die Engländer Stuart Pearce und Chris Waddle verschossen, war klar: Deutschland stand im Finale.
Der englische Spieler Gary Lineker kommentierte das Spiel mit einem berühmt gewordenen Satz: „Football is a simple game: 22 men chase a ball for 90 minutes and at the end, the Germans always win.“
Der 8. Juli 1990 in Rom wurde zum historischen Tag. Dort traf Deutschland erneut auf Argentinien. Franz wusste, dass Geduld der Schlüssel sein würde. Mit stoischer Gelassenheit und einer klaren Marschroute ließ er seine Mannschaft geduldig spielen. In der 85. Minute wurde Rudi Völler im Strafraum gefoult, Andreas Brehme verwandelte den Elfmeter eiskalt zum 1:0. Es war der goldene Treffer, der Deutschland zum Weltmeister machte. Maradona schoss im gesamten Spiel nur ein einziges Mal auf das Tor – ohne Erfolg.
Nach dem Schlusspfiff ereignete sich eine der ikonischsten Szenen der Fußballgeschichte: Während seine Spieler auf den Rasen stürmten, blieb Franz Beckenbauer allein am Spielfeldrand stehen, die Hände verschränkt, den Blick nachdenklich über das Stadion schweifend. Kein Triumphgeheul, keine große Geste – sondern stille Größe.
Mit dem Titel von 1990 schrieb Franz Beckenbauer Fußballgeschichte: Er war nach Mário Zagallo erst der zweite Mann, der sowohl als Spieler (1974) als auch als Trainer/Teamchef (1990) Weltmeister wurde. Für Deutschland war es der letzte große Titel vor der Wiedervereinigung – und ein Meisterstück in der Karriere von Franz.